Welches Linux Betriebssystem?

In diesem erkläre ich euch welches Linux Betriebssystem für welchen Anwendungszweck am besten geeignet ist. Der Umstieg auf Linux beginnt mit der Wahl eines „Linuxes“ wo liegen die Unterschiede?

 

Die Auswahl bei Linux ist riesig, es gibt nicht wie bei Windows die eine, aktuelle Version, sondern etliche Varianten. Wir helfen bei der Auswahl, stellen die spannendsten Systeme kurz vor und zeigen Euch welche Unterschiede es gibt.

 

Was ist Linux? Was eine Distri?

Bei Windows ist die Sache einfach: Hersteller Microsoft bringt eine neue Version raus und zeitweise gibt es noch den Vorgänger – mehr auswahl? Fehlanzeige! Bei Linux sieht die Sache ganz anders aus. Es gibt nämlich nicht „das Linux“. Genau genommen müsste man das Ganze sowieso GNU/Linux nennen: Was man gemeinhin Linux nennt, besteht aus einem Kernel, eben Linux, und einer Reihe von Standard-Werkzeugen, den GNU Tools. Aber lassen wir das mal beiseite und sprechen wie üblich einfach von Linux. Diese Kernelemente findet Ihr in allen Distributionen, kurz Distris genannt. Da die Linux-Basis Open Source Software ist, kann sich jeder ein eigenes System basteln und verteilen bzw. distribuieren – daher der Name Distri.

Und hier liegen die großen Unterschiede: Wer entwickelt das System? Was kommt in das System? Wie wird veröffentlicht? Welche zusätzlichen Tools und Werkzeuge gehören dazu? Und wie genau sieht der Desktop aus? Manche Distris werden hauptsächlich von dahinter stehenden Firmen herausgegeben, etwa Ubuntu von Canonical oder Red Hat Enterprise Linux von Red Hat. Andere Distributionen sind komplett Community-betreut, zum Beispiel Debian. Die meisten großen Distris spendieren Ihren Betriebssytemen auch eigene Tools rund um das System – insbesondere das, was man unter Windows als „Systemsteuerung“ kennt, löst jede Version auf eine andere Art. Anwendungsprogramme wie Office (LibreOffice) oder Bildbearbeitung (Gimp) finden sich natürlich überall. Wichtig ist dabei auch, wie ernst die Projekte den Freiheitsgedanken nehmen: Wo Debian standardmäßig nur auf freie, quelloffene Software setzt, baut Ubuntu auch unfreie Software ein, beispielsweise Grafikkartentreiber oder Multimedia-Codecs. Auch die Update-Politiken unterscheiden sich: Teils wird zu fixen Terminen veröffentlicht, teils landen aktualisierte Pakete kontinuierlich in den so genannten Repositories. Apropos: Jede Distri hat ein solches dazugehörige „Repo“, aus dem sich über das Paketmanagement ganz einfach Programme installieren lassen – Debian kommt zum Beispiel auf über 50.000 Pakete.

Für uns Heimanwender stellt sich vor allem eine Frage: Wie sieht der Desktop aus? Der Desktop macht bei Linux visuell den grössten Unterschied. Bei Windows sind OS und Desktop untrennbar verbunden, bei Linux ist die gesamte Desktop-Umgebung im Grunde nur ein Anwendungsprogramm, welches auf das Betriebssystem aufsetzt, und kann theoretisch nach belieben ausgetauscht werden. Alle Systeme haben einen Standard-Desktop, aber man kann ihn auswechseln. Bestes Beispiel: Ubuntu gibt es auch als Lubuntu, Kubuntu und Xubuntu, was für die Standard-Desktops LXDE, KDE und XFCE steht. Zwar verändern die Projektteams hier und da auch noch andere Details, aber im Grunde könnten Sie einfach Ubuntu aufsetzen und dann LXDE, KDE (heute Plasma) und XFCE installieren – und beim Start wählt Ihr dann das gewünschte Desktop System.

Nicht alle Aspekte sind für jeden wichtig, aber damit habt Ihr schon mal eine Grundlage für die Auswahl. Lässt man die Technik mal außen vor, unterscheiden sich die Distris aus Nutzersicht in Fragen wie: Wie schlank ist das System? Wie komfortabel? Wie frei? Wie gut dokumentiert? Es folgt eine kleine Auswahl – es gibt Hunderte Linux-Distris!

 

 

Debian

Debian muss an dieser Stelle zuerst genannt werden, einfach weil es die Basis für etliche andere Distris ist, unter anderem die beiden beliebtesten Desktop-Linux Ubuntu und Mint. Das System gibt es bereits sei 1993, verfügt über extrem viele Pakete in den Repos, wird komplett von der Community betreut. Der CD-Standard-Desktop ist das schlanke, eigentlich nur für rechenschwache Geräte gedachte XFCE, DVD-Images gibt es unter anderem für Gnome und KDE – weitere werden unterstützt. Debian legt sehr viel Wert auf Stabilität und Sicherheit und ist daher äußerst beliebt bei Linux-Kennern und professionellen Anwendern. Linux-Einsteiger werden jedoch häufig vor dem Problem stehen, dass stabile, sichere Software aus dem Repo kommt, aber eben häufig alte Versionen. So passiert es öfters, dass dieses oder jenes nicht funktionieren will, weil im Grunde veraltete Software läuft. Neue Releases kommen im Jahresrythmus. Debian eignet sich am besten für Anwendungen die ein stabiles und laufsicheres Betriebssystem vorrausetzen, z.B als Server für Webpages, Clouds oder andere Hosting Systeme. Hier ist der stabile Betrieb wichtigere, als wie die neuste Software im Programm zu haben.

 

Debian ist Ausgangspunkt für die beliebtesten Distris.

Ubuntu

Ihr habt sicher schon von Ubuntu gehört. Es ist die beliebteste Linux-Distribution überhaupt. Sie ist nicht nur auf Server beschränkt, sondern auch die beliebteste Wahl für Linux-Desktops. Sie ist einfach zu bedienen, bietet ein gutes Benutzererlebnis und wird mit den wichtigsten Tools vorinstalliert, um einen guten Start zu ermöglichen. Ubuntu ist es gelungen, das Linux-Erlebnis schon vor Jahren zu „vereinfachen“, und das ist der Grund, warum es immer noch so beliebt ist, auch wenn derzeit mehrere beeindruckende Linux-Distributionen verfügbar sind.

Ubuntu basiert auf Debian und hat Linux überhaupt erst großflächig auf den privaten Rechner gebracht. Wer von Windows kommt und sich nicht mit dem Rechner an sich beschäftigen, sondern diesen nur nutzen will, kommt hier voll auf seine Kosten: Aktuelle Software, viele Pakete, einfache Systemsteuerung und vor allem eine Community, die insbesondere Einsteigern hilft – der Tonfall in Ubuntu-Foren ist zum Beispiel deutlich Laien-tauglicher als in Debian-Foren. Ubuntu setzt mittlerweile auf den Gnome-Desktop in einer „modern“ anmutenden Variante ohne das übliche Startmenü. Ubuntu ist mit dem Standard-Desktop etwas träger und ressourcenhungriger als ein nacktes Debian. Der größte „Haken“ bei Ubuntu: Dahinter steckt mit Canonical eine Firma, die sich bisweilen kaum besser verhält als Microsoft; beispielsweise wurde mal Werbung in das Startmenü integriert und der vorige Standard-Desktop Unity war gelinde gesagt ein Graus. Ubuntu selber würde ich selber Anfängern nur bedingt empfehlen. Meine Empfehlung lautet Kubuntu, da der Desktop einem Windows Desktop sehr ähnelt und Umsteigern dadurch ein deutlich angenehmeres adaptieren ermöglicht.

 

Ubuntu war lange Zeit der eine Standard auf dem Desktop.

Mint

Linux Mint ist wohl die beste Ubuntu-basierte Linux-Distribution, die für Anfänger geeignet ist. Ja, es basiert auf Ubuntu, also könnt Ihr die gleichen Vorteile wie bei Ubuntu erwarten. Anstelle des GNOME-Desktops bietet es jedoch verschiedene Desktop-Umgebungen wie Cinnamon, Xfce und MATE. In der Tat macht Linux Mint einige Dinge besser als Ubuntu. Das beschränkt sich nicht nur auf die vertraute Benutzeroberfläche, die für Windows-Nutzer einen Bonus darstellt. Es bietet eine beeindruckende Leistung bei minimalen Hardwareanforderungen, insbesondere mit der Xfce- oder MATE-Desktopumgebung. Außerdem verwendet es das gleiche Software-Repository wie Ubuntu. Ihr müsst euch also keine Gedanken über die Verfügbarkeit der zu installierenden Software machen.

Mint bringt einige gute eigene Tools mit (Update Manger, USB-Formatierer, Desktop-Einstellungen etc.) und ist in zwei Desktop-Varianten zu haben: Mints eigenes Cinnamon basiert auf Gnome 3, alternativ gibt es Mate, basierend auf Gnome 2. Auch Mint vertraut auf einen traditionellen Update-Zyklus und aktuelle Software-Pakete. Für Euch als Endnutzer ist vor allem eines interessant: Man bekommt ein komplettes, fertig konfiguriertes System, inklusive Multimedia und kompletter Anwendungsausstattung. Stand heute ist Mint für Otto Normalverbraucher vermutlich die beste Linux-Variante für den Anfang. Übrigens: Es gibt auch auf Debian statt auf Ubuntu basierende Versionen, die entsprechend fixer, aber auch unvollständiger und weniger nutzerfreundlich sind – eher für Kenner interessant.

 

Linux Mint läuft Ubuntu langsam den Rang ab und liegt in vielen Bereichen sogar vorn.

openSUSE

Mit openSUSE kommt endlich mal ein nicht auf Debian basierende System hinzu. Ursprünglich von Novell und SUSE Linux „betrieben“ (und intern entwickelt), ist openSUSE heute ebenfalls Community-basiert, wenn auch von SUSE gesponsored, und etwas in Vergessenheit geraten – noch vor 10 Jahren war openSuse auf privaten Rechnern oft erste Wahl. Einer der größten Unterschiede zu den bisherigen Linux-Distris: Installierbare Software kommt nicht in DEB-Paketen, sondern als RPM – die meisten Anbieter stellen beide Varianten ihrer Software zur Verfügung. Als Standard-Desktop gibt es traditionell KDE, mittlerweile aber auch Gnome. openSUSE war immer schon ziemlich nutzerfreundlich und vor allem mit einer Unmenge an Programmen ausgestattet. Neue Versionen gibt es ungefähr alle 8 Monate, seit Kurzem gibt es mit openSUSE Tumbleweed auch eine Version, die auf Rolling-Releases setzt. Das heißt, dass aktualisierte Pakete möglichst kurzfristig als Updates eingespielt werden, statt erst in einer neuen Version. Wie die Ubuntu-/Debian-basierten Systeme ist openSUSE gut dokumentiert – dürfte hier aber doch ein wenig hinterher hinken.

 

openSUSE, hier Tumbleweed, ist seit jeher sehr, sehr gut ausgestattet – aber auch entsprechend voll.

Puppy Linux

Puppy Linux ist ein echter Spezialist und wieder mal ein Ubuntu-Derivat. Puppy setzt voll und ganz auf Performance und ist erste Wahl auf eigentlich schon längst ausgedienten Rechnern. Das eigentlich Besondere: Puppy wird vor allem von externen Datenträgern gestartet und lädt sich dann komplett in den Arbeitsspeicher – im Gegensatz zu einem von CD gestarteten Ubuntu kann eine Puppy-CD nach dem Start entfernt werden! Puppy kann sogar von einer Multisession-DVD laufen und Änderungen wiederum auf die DVD schreiben – Features, die eben für einen speziellen Einsatzzweck gedacht sind. Puppy wird kaum jemand als Standard-System daheim installieren, aber es als Notfallsystem auf einem USB-Schlüsselanhänger mit sich zu tragen, ist eine wunderbare Sache!

 

Puppy ist extrem schlank und schnell – und doch voll ausgestattet.

Arch Linux

Arch Linux ist mehr Old School als viele der anderen Linux-Distributionen hier. Es wurde entwickelt, um flexibel, leichtgewichtig und minimalistisch zu sein, und um es „einfach zu halten“. Einfach halten bedeutet nicht, dass Arch tonnenweise grafische Hilfsprogramme und automatische Konfigurationsskripte anbietet, um Euch bei der Einrichtung Eures Systems zu helfen.

Ihr seid selbst dafür verantwortlich, Euer System richtig zu konfigurieren und die Software zu installieren, die Ihr mögt. Arch bietet keine offizielle grafische Oberfläche für seinen Paketmanager oder komplexe grafische Konfigurationswerkzeuge. Stattdessen bietet es saubere Konfigurationsdateien, die sich leicht bearbeiten lassen. Der Installationsdatenträger führt Euch zu einem Terminal, wo Ihr die entsprechenden Befehle eingeben müsst, um Euer System zu konfigurieren, Eure Festplatten zu partitionieren und das Betriebssystem selbst zu installieren.

Arch verwendet ein „Rolling Release“-Modell, was bedeutet, dass jedes Installations-Image nur ein Schnappschuss der aktuellen Software ist. Jeder Teil der Software wird im Laufe der Zeit aktualisiert, ohne dass Ihrauf eine neue „Version“ von Arch aktualisieren müsst.
Schonmal was von Manjaro Linuc gehört? Manjaro ist eine fix fertige Arch Linux Distro die mit allen Programmen und Skripten fertig ausgeführt installiert wird.
Die Befehle bei Arch Linux sind aber leider andere als bei auf Debian/Ubuntu basierenden Distributionen

 

Fedora

Fedora ist gleichermaßen gut für den Einsatz auf Desktop- sowie auf Server-Systemen ausgelegt. Das Fedora-Projekt bezeichnet seine Linux-Distribution als geeignet sowohl für absolute Einsteiger in der Welt der Open Source-Software, als auch für erfahrene Linux-Anwender. Trotzdem betonen viele Kritiker immer wieder, dass das Betriebssystem nicht wirklich für Einsteiger geeignet ist, da es in gewissen Bereichen zu kompliziert ist und ein gewisses Maß an Vorwissen voraussetzt. Im Gegensatz zu ähnlichen Linux-Distributionen wird kein Langzeit-Support bereitgestellt. Daraus ergibt sich auch, dass der Lebenszyklus einer Fedora-Version auf 13 Monate begrenzt ist, wobei im Durchschnitt alle 6 Monate eine neue Version des freien Betriebssystems veröffentlicht wird. Fedora ist aufgrund des fehlenden Langzeit-Supports für geplante Einsatzbereiche weniger gut geeignet, wie beispielsweise Einsatz in Embedded-Umgebunden oder Systemen mit jahrelanger Uptime. Der wesentliche Vorteil von Fedora ist, dass die Linux-Distribution im Gegensatz zu vergleichbaren Betriebssystemen stets aktuelle Software-Pakete bietet.

 

Welche soll es nun sein?

Linux-Ein- und Windows-Umsteiger sind bei Mint, Ubuntu und openSUSE zunächst am besten aufgehoben.. Wichtiger ist sicherlich die Wahl einer Desktop-Umgebung – und da wird es höchst subjektiv. Mit KDE Plasma auf einer Ubuntu Distribution habt Ihr möglicherweise die beste, modernste Nutzererfahrung, Mint Mate ist eher konventionell und etwas fixer; wer Windows 7 lieber als Windows 10 mag, dürfte mit Mate schnell glücklich werden. Wer ein möglichst stabiles System haben möchte, nicht ständig neue Software installiert/ausprobiert und mit Standard-Tools wie Office, Browser, Bildbearbeitung und so weiter auskommt, kann sich getrost ein Debian aufsetzen. Ubuntu mit Gnome Desktop bereitet dem einen oder anderem Windows Umsteiger doch häufig immer noch Probleme.

Es gibt noch etliche weitere Systeme, die groß und interessant genug sind, um einen Blick zu riskieren, etwa Slackware (möglichst nah an Unix) oder Fedora (möglichst aktuell) als allgemeine Distris. Hinzu kommen etliche Spezial-Distributionen für bestimmte Zwecke, etwa Ubuntu Studio für Multimedia-Aufgaben, Kali Linux für Security-Spezialisten und Hacker, Raspbian für den Raspberry Pi oder gar Tor-ramdisk für den Betrieb eines TOR-Servers im Arbeitsspeicher.

Und wenn Ihr Linux auf die Hardcore-Methode erlernen wollt, gibt es nur eine richtige Lösung: LFS. Linux From Scratch ist eine „Distribution“, die ausschließlich als Handbuch existiert! Mit der Anleitung baut Ihr ein komplettes eigenes Linux-System von Null auf, ausschließlich aus frei verfügbarem Quellcode.

 

Nun habt Ihr eine grobe Übersicht zu den vorhanden Linux Distributionen. Ich hoffe damit Euch die Entscheidung etwas leichter gemacht zu haben. Habt Ihr Fragen, schreibt sie in die Kommentare.

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